Soziale Verantwortung im Sinne der Frohen Botschaft

Das Bistum Aachen engagiert sich mit seinen vielfältigen Aktivitäten in vielen Bereichen unserer Gesellschaft. Neben der Seelsorge und dem Glaubensleben gehört dazu ein breites Programm von Bildungsaktivitäten, das weit über Kindertagesstätten und Schulen hinausgeht. Für alle Menschen wahrnehmbar sind zudem – unabhängig von ihrer jeweiligen Einstellung zum Glauben und zu Gott – die sozialen und caritativen Angebote und Leistungen der Kirche.

Dieses soziale und gesellschaftliche Engagement ist ein wesentlicher Teil des Konzepts nachhaltigen Handelns, zusammen mit den Aufgabenfeldern Umwelt- und Klimaschutz, nachhaltige Kapitalanlage, Prävention und nachhaltige Personalarbeit. In der Arbeitsgruppe „Nachhaltigkeit“ des Bistums Aachen bündeln und koordinieren Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Fachdisziplinen Projekte, Initiativen und Anfragen unter anderem zum Umwelt- und Klimaschutz, zu energetischen Modernisierungen in Gebäuden und zu gesellschaftlichen sowie zu politischen Fragestellungen für eine nachhaltige Entwicklung. Gemeinsam fußen diese Handlungsfelder auf dem christlichen Wertesystem und damit der Verkündigung der Frohen Botschaft.

Krankenhausseelsorgerin Dorothee Jöris-Simon im Gespräch mit einer Stationsschwester im Luisenhospital. Für das Pflegepersonal sind die Folgen der Corona-Pandemie eine enorme Belastung.

Harald Hüller, Hauptabteilungsleiter Pastoral, Schule, Bildung im Bischöflichen Generalvikariat, erklärt im Interview, wie soziales Handeln und der Bezug zu Gott zusammengehören.

Soziales Handeln ist ein wesentlicher Baustein im Nachhaltigkeitskonzept des Bistums. Was bedeutet das?

Soziales Handeln, Nächstenliebe, Caritas, das sind Themen, die unmittelbar Kirche beschreiben. Diakonia ist einer der Grundvollzüge der Kirche, untrennbar mit dem Ganzen verbunden. Insofern ist das Thema Soziales, das sich in modernen Nach- haltigkeitskonzepten zusammen mit den Themen Umwelt und gute Unternehmensführung findet, überhaupt nichts Neues für uns. In der aktuellen Diskussion wird das häufig unter dem Titel „ESG“ zusammengefasst: Umwelt (Environment), Social (Soziales, gesellschaftliche Verantwortung) und Wohlverhalten (Governance).

Harald Hüller, Hauptabteilungsleiter Pastoral, Schule, Bildung im Bischöflichen Generalvikariat

Also ist die Kirche eine Art „Rotes Kreuz“ oder „Unicef“ mit langer Tradition?

Interessant ist schon, dass das Rote Kreuz mit einem christlichen, religiösen Symbol arbeitet, ebenso wie sein Pendant, der Rote Halbmond. Aber Kirche ist natürlich mehr als eine Sozialhelferin oder ein Krankenpfleger. Uns geht es um die Frohe Botschaft und darum, diese Botschaft weiterzutragen. Das hat aber nicht nur mit Reden, sondern sehr viel mit Handeln zu tun.

Wenn man Menschen nach ihrem Bild von Kirche befragt, steht oft dieser helfende Aspekt im Vordergrund. Und deshalb ist er für uns auch besonders wichtig. Aber wir müssen ihn gemeinsam mit der inhaltlichen Frage unseres Glaubens betrachten. Und gerade Letzteres ist für viele schwierig geworden. Das ist nicht zuletzt der Grund dafür, dass wir mit dem Prozess „Heute bei dir“ beide Aspekte aufgreifen. Soziales Handeln ist Teil unserer Lebenswelt – aber auch unserer Glaubenswelt.

Wie bringt sich Kirche dann in die Gesellschaft ein?

Offen sichtbar ist kirchliches Handeln in den vielen caritativen Themen. Das beginnt in der Kirchengemeinde, geht weiter über Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit und reicht bis zum Betrieb von Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen. Hinzu kommen Dutzende Beratungsstellen für Menschen in Not: Beratung für Arbeitslose, Unterstützung für Obdachlose, Beratung in Ehe und Familie, Begleitung von Trauernden, Hilfe für Suchtkranke.

Dabei geht es um äußerliche Nöte. Der christliche Glaube umfasst aber mehr. Wir leben in einer Welt der Freiheit, der Auswahl, der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten. Doch diese Welt ist immer wieder bedroht und verletzlich. Menschen können scheitern, überfordert sein, die Kontrolle verlieren. Dann braucht es auch Orientierung, etwas, was Kraft und Hoffnung gibt. Das finden wir in der Gemeinschaft und im Glauben. Christus hat uns gezeigt, welchen Weg wir gehen können. So wie Christus den Menschen begegnet ist, können wir es auch tun.

 

Was müssen wir also tun?

Sich aktiv für Menschen einzusetzen und diese und sich selbst in Kontakt zu bringen, ist auf viele Arten möglich. Das kann die Hilfe in der Notlage sein, aber auch das Engagement für eine gerechtere Welt. Das kann die Feier und das Lob Gottes sein, das andere inspiriert. Es gibt nicht den einen Weg. Das müssen wir akzeptieren, und genau diese Vielfalt müssen wir pflegen. Das ist auch eine Forderung an die Strukturen in der Kirche: moderne Bedürfnisse und die aktuelle Lebenswirklichkeit aufgreifen, flexibler werden, experimentieren und dort unterstützen, wo sich Gemeinden und Gemeinschaften mit ihren konkreten Anliegen bilden. Das kann an einem Ort eine umfassende Jugendarbeit sein, anderswo ein besonderes spirituelles Angebot und an Brennpunkten die Kleiderkammer oder die Tafel.

Wie stellen wir sicher, dass trotz dieser Veränderungen Kirche Kirche bleibt?

Ich glaube, dafür gibt es zwei wesentliche Kriterien: Geben wir den Menschen eine Botschaft, die sie anspricht und den Bezug zu Christus glaubhaft vermittelt? Und geht es bei der konkreten Hilfe um den von Gott geliebten Menschen? Wenn wir diakonisch und missionarisch zugleich handeln – oder zumindest beide Aspekte insgesamt im Gleichgewicht sind – , schaffen wir unseren Anspruch, einen wichtigen und guten Beitrag für die Gesellschaft zu leisten und zugleich deutlich zu machen, dass dies mehr ist als Hilfe in der materiellen Not, nämlich das Angebot eines liebenden Gottes, eines liebenden Mitmenschen.

Im Volksverein Mönchengladbach erleben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dass ihre Arbeit Sinn hat und einen Zweck erfüllt
Pfarrer Matthias Fritz prüft vor dem Gottesdienst die Übertragungstechnik. Hochschulgemeinde heiße in Netzwerken leben und in Netzwerken glauben.